Erfahrungsbericht Sophie Hartmann (2015)
Warum hast du dich für ein FSJ entschieden?
Für das FSJ habe ich mich entschieden, damit ich eine Ausweichmöglichkeit hatte, falls es mit dem Studienplatz nicht klappen sollte. Wie man sehen kann, war das eine gute Entscheidung und mittlerweile bin ich sogar froh, dass es mit dem Studium vorerst nicht geklappt hat. Weiterhin war es eine willkommene Abwechslung nach 12 Jahren Schule. J
Was hast Du hier bei uns gemacht?
Mein FSJ habe ich auf Station 42b (Kinder- und Jugendpsychiatrie) abgeleistet. Meine Hauptaufgabe war die Arbeit in Küche, da es auf dieser Station keine „Küchenfee“ gibt. Das heißt mindestens vier Mal pro Schicht den Geschirrspüler ein-und auszuräumen, Essen austeilen, Küche putzen oder Frühstück/Abendbrot/Vesper vorbereiten. Botengänge oder Staub wischen gehörten unter anderem auch zu meinem Aufgabenbereich. An den Putzarbeiten habe ich mich aber nie gestört, denn das gehörte nun mal auch dazu. Außerdem musste ich ja nicht nur putzen, sondern konnte auch mit den Kindern bzw. Jugendlichen spielen und sie zu Therapien begleiten – bei einigen konnte ich sogar mitmachen.
Kanntest Du schon jemanden hier, bzw. hattest Du schon Kontakt zu jemandem?
Ein paar Leute kannte ich hier schon, denn meine Mutti arbeitet auch hier. Ich glaube, das hat einiges einfacher gemacht. ;)
Wie hat das Jahr Dein Leben geprägt?
Ich bin auf jeden Fall selbstsicherer geworden, was auch ein großer Verdienst der Station ist. Außerdem bin ich viel selbständiger geworden und konnte viele Erfahrungen im Umgang mit Jugendlichen sammeln. Darüber hinaus würde ich sogar sagen, dass ich in diesem Jahr das „wahre Leben“ kennengelernt habe, denn die Hintergrundgeschichten der Patienten waren nicht immer einfach und oft sehr traurig.
Wenn du nochmal ein FSJ machen würdest - wo denn dann und warum?
Wenn es möglich würde, dann am liebsten noch ein zweites Mal hier im Krankenhaus auf Station 42b. Wenn nicht, dann auf einer Schule um Erfahrungen für meinen Berufswunsch als Lehrerin zu sammeln. Eine Grund- oder Mittelschule wäre mir da am liebsten. Allerdings könnte ich mir auch vorstellen, ein freiwilliges Jahr in einem Tierpark/Zoo etc. zu machen.
Was hat Dich in Deiner Persönlichkeit am meisten gefordert?
Ich bin ein sehr emotionaler und mitfühlender Mensch, das heißt ich hatte oft viel Mitleid mit den Patienten (man lernt die Hintergrundgeschichten ja kennen). Einige Fälle haben mich so sehr beschäftigt, dass ich sogar zu Hause noch darüber nachgedacht habe. Außerdem fiel es mir anfangs sehr schwer, streng gegenüber den Patienten zu sein, weil ich nicht genau wusste, wie ich mit ihnen umgehen sollte und es schwierig fand, die Grenze zwischen „Kumpel“ und Respektsperson zu finden. Aber auch das hat sich im Laufe des Jahres deutlich verbessert. Der geringe Altersunterschied war zu Beginn auch etwas problematisch, da dadurch viele Kinder/Jugendliche dachten, sie können mich duzen oder in meiner Gegenwart machen, was sie wollen. Doch mit der Zeit bin ich viel durchsetzungsfähiger und auch strenger geworden – da hat manchmal nur ein Blick gereicht und die „lieben Kleinen“ waren still.
Siehst du das als ein verlorenes Jahr?
Absolut nicht. In diesem Jahr ist meine Persönlichkeit total gereift und ich habe auch das Gefühl, besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Die meisten Leute sind leider der Meinung, dass so ein FSJ totale Zeitverschwendung ist und für die Zukunft rein gar nicht förderlich ist. Doch ich kann das mit gutem Gewissen verneinen, denn mein FSJ hat mir das Gegenteil gezeigt. Aus diesem Grund kann ich nur jedem empfehlen ein Jahr freiwillig und sozial zu sein. Zweifelsohne muss ich natürlich sagen, dass man die Dinge aus der Schule ziemlich schnell vergisst, denn die „geistige Förderung“ steht im FSJ nicht unbedingt an erster Stelle (abhängig von der Einsatzstelle), da man ja hauptsächlich arbeitet.
Doch das ist überhaupt nicht schlimm, denn niemand merkt sich alles, was er mal in der Schule gelernt hat. Zudem fuchst man sich ganz schnell wieder in den Lernstoff ein. J
Wohin zieht es Dich jetzt?
Jetzt zieht es mich hoch in den Norden, in die Stadt Rostock. Dort werde ich vermutlich die nächsten 6 - 7 Jahre Lehramt für Deutsch und Englisch (an Oberschulen) studieren. Dennoch gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge fort – das lachende, weil ich mich auf das freue, was kommt; das weinende, weil ich die Zeit hier sehr genossen habe und schrecklich vermissen werde. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei meinen Jahresmitstreitern der Station bedanken: Danke, dass ihr mich so herzlich aufgenommen und dieses Jahr für mich zu etwas Unvergesslichem gemacht habt. Ich will diese Zeit nicht missen. DANKE!
Sophie Hartmann, FSJ bei uns 2014/15